Fehlende Wirtschaftsberichterstattung trägt zur Isolation Österreichs am Weltmarkt bei

Wenn man aus dem Ausland nach Österreich blickt, so sei es unter anderem völlig unverständlich, warum in der ZIB2 keine Börsenberichterstattung läuft und wichtige Wirtschaftsthemen kaum Beachtung finden: Dies war eine der Analysen, die das Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (IFWK) dieser Tage in Wien gemeinsam mit Hans-Peter Siebenhaar, Österreich- und Südosteuropa-Korrespondent des Handelblatts sowie Autor des Buches „Österreich – die zerrissene Republik“, anstellte. Wirtschaftliches Denken sei durch die fehlende Berichterstattung hierzulande kaum vorhanden. Aber auch das Signal nach außen, dass der ORF als mediale Speerspitze des Landes sich dem Thema wenig widmet, sei für den Wirtschaftsstandort nicht förderlich, ergänzte IFWK-Gründer und Kommunikationsexperte Rudolf J. Melzer.

Nicht die Politik schafft Arbeitsplätze, sondern Unternehmen

Generell würden sich zu wenige österreichische Journalisten mit dem Thema Ökonomie auseinandersetzen. Dabei gäbe es in Österreich eine Vielzahl an Unternehmen, die am Weltmarkt ganz vorne mitmischen, und gerade der Österreichische Rundfunk sollte vielmehr über österreichische Produkte und Dienstleistungen berichten: „Der ORF ist dringend reformbedürftig in seiner Berichterstattung. Er müsste ganz nah dran sein an der Wirtschaft. Denn schließlich schafft nicht die Politik Arbeitsplätze für Österreicher, sondern die Wirtschaft, und das interessiert die Menschen hier sehr wohl“, ergänzte Siebenhaar.

Der Österreicher, ein ökonomischer Autist

Auch Klaus Schmid, CEO von NTT DATA Österreich, zeigte sich im Rahmen der IFWK-Veranstaltung enttäuscht über das Bild, das Medien von den Österreichern zeichnen: „Bei der mangelnden Wirtschaftsberichterstattung müsste man ja annehmen, der Österreicher sei ein ökonomischer Autist. Dabei ist die Offenheit gegenüber Start-Ups und Innovationen sehr wohl da. Man nehme nur den Erfolg von Car-Sharing usw.“ Diese Offenheit sollte  medial verstärkt werden, so Schmid: „Betrachtet man die Wiener, sieht man ein weltoffenes Volk, das Neuem positiv gegenüber steht.“

Weltoffenheit sieht auch Siebenhaar als große Chance unseres Landes: „Die Multikulturalität muss als USP Österreichs gesehen werden. So wird Österreich zum Vorbild als eine funktionierende Brücke zwischen Ost und West und nicht zum ökonomisch isolierten Staat.“

Leider mangle es den österreichischen Politikern aber an Mut zur Reform, so Siebenhaar weiter: „Politiker leiden hierzulande leider unter einer Gefallenssucht, die es schwer macht, klare Positionen einzunehmen. Und wenn es ihnen nicht gelingt, zu gefallen, wird den Medien die Schuld zugeschoben.“ Demnach stünde der Ökonomisierung Österreichs auch die zunehmende Trivialisierung der Xenophobie im Weg: „Österreichische Unternehmen stehen der Globalisierung offen gegenüber, während die Politik die Angst vor anderen Kulturen schürt. Es muss eine Kultur geschaffen werden, die andere ins Boot holt: Konstruktivismus statt Destruktivismus.“

Im Rahmen des exklusiven IFWK-Businesslunches diskutierten neben NTT DATA Österreich CEO Klaus Schmid auch der Vorstandsvorsitzende von Capgemini Österreich, Bernd Bugelnig, TTTech-Aufsichtsratschef Leopold Bednar, Isabella Mader, Vorstand und CIO des Excellence Institutes, Peter Kraus, Senior Partner von Hill Woltron, PwC-Partner Dieter Harreither, der Geschäftsführer von Bossard Österreich, Kai von Buddenbrock, sowie der CTO der Software AG, Christoph Strnadl.