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Österreichs „Realwirtschaft“ muss seine Innovationskraft international besser kommunizieren
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Internationales Forum für Wirtschaftskommunikation diskutierte „Innovation als Wirtschaftsfaktor – wie aus Ideen Innovationen werden“
Unter 125 Ländern liegt Österreich auf Platz 19, was seine Innovationskraft betrifft. Dieses relativ hohe Innovationspotenzial ist im Vergleich aber international schlecht kommuniziert: Rudolf J. Melzer, Präsident des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation (IFWK), rief bei einer Veranstaltung in Wien dazu auf, nicht nur das noch schlummernde Potenzial durch geeignete bildungs- und wirtschaftspolitische Maßnahmen besser zu fördern, sondern die bereits realisierten Innovationen selbstbewusster in die Welt hinauszutragen.
Unter der Moderation der langjährigen ORF-Wirtschaftsredakteurin Eva Pfisterer diskutierten beim 10. Internationalen Forum für Wirtschaftskommunikation zum Thema „Innovation als Wirtschaftsfaktor“ der CEO von T-Mobile Austria, Robert Chvátal, Martin Mai, Österreich-Geschäftsführer der Cirquent NTT Data GmbH und Sabine Fleischmann, ehemalige SUN-Chefin und ab Dezember Leiterin der Software Group bei IBM Österreich, vor allem Fragen des professionellen Ideen-Managements in Unternehmen wie zum Beispiel beim schwedischen Atlas Copco-Konzern, der 2011 zu den 100 innovativsten Firmen der Welt gewählt wurde.
Der Geschäftsführer der Fraunhofer Austria Research GmbH und Vorstand des Instituts für Managementwissenschaften der TU Wien Prof. Dr. Wilfried Sihn, zeigte sich in seiner Analyse vor dem IFWK überzeugt, dass Unternehmen einerseits methodengestützte Strukturen aufbauen müssen, um gezielt Innovationen zu generieren und andererseits ein Bewusstsein hinsichtlich zukünftiger Trends als Grundlage erfolgreicher Innovationen schaffen müssen. „Die Unternehmen, die als besonders ‚innovativ’ wahrgenommen werden, sind nicht zwangsläufig diejenigen, die das höchste F&E-Budget aufweisen. Entscheidend sind eine strategische Ausrichtung und eine Unternehmenskultur, die die Innovationskraft unterstützt, sprich Raum für Innovationen gibt.“ Sihn erläuterte u.a. am Beispiel Google, wie mit Hilfe von flexiblen Arbeitszeitmodellen, der gezielten Einführung von „Home Office“ in Entwicklungsbereichen und kreativer Arbeitsplatzgestaltung effizientere Innovationsprozesse erzielt werden können. Grundsätzlich gehe einer guten Innovationsstrategie die Abstimmung von Ressourcen, Prozessen, Kultur und Organisation voraus.
Dem Global Innovation Index 2011 zufolge, liegen die Schweiz (Platz 1), Schweden, Singapur, Hongkong und Finnland unter den Top fünf der innovativsten Länder weltweit. Österreich reiht sich in der Rankingliste über die Innovationskapazität und die Innovationsleistung von 125 Ländern auf Platz 19 ein.
Martin Mai, Österreich-Geschäftsführer der Cirquent NTT Data GmbH, die erst letzte Woche mit dem Projekt „BALLADE“ mit dem Staatspreis Mobilität 2011 ausgezeichnet wurde, sieht die Lösung im gezielten Ideen-Magagement und erläuterte am Beispiel BMW den Wert einer Innovations-Community: „Von den weltweit über 80.000 BMW-Mitarbeitern sind ca. 3.000 Teil solch einer Community. Diese basiert darauf, dass man als Avatar (= Pseudonym) auf einer Plattform namens ‚RedSquare’ seine Ideen eingibt und diese von der Community bewerten, kommentieren und weiterentwickeln lässt. Damit wurde beispielsweise der Elektro-Miniroller höchst erfolgreich auf den Markt gebracht. Differenzierung am Markt kann man nur durch Innovationen erreichen. Ein gezieltes Ideen-Management ist die notwendige Basis und bietet den entsprechenden Raum für Innovationen.“ Mai fasst die Innovationen 2012 unter dem Begriff „i-mobility“ zusammen: „Jeder neue BMW wird ab 2012 eine SIM-Karte integriert haben, Bezahlungsmöglichkeiten im Sinne von ‚Mobile Payment’ und ‚Mobile Wallet’ oder Car to Car- bzw. Car to Infrastruktur-Kommunikation – die Kommunikation zeichnet sich generell durch eine hohe Penetration von Smartphones aus“.
Sabine Fleischmann, ehemalige SUN-Chefin und ab Dezember Leiterin der Software Group bei IBM Österreich, nennt als einen der wichtigsten Faktoren, der über Leben und Tod einer Innovation entscheidet, das „Timing“: „Die Nachfrage nach neuen Lösungen und die Entwicklung von neuen Lösungen, entwickeln sich nicht immer parallel bzw. im gleichen Tempo. Die Kunst, Innovationen wirtschaftlich erfolgreich umzusetzen liegt in der Synchronisation dieser beiden Entwicklungsströme. Ich glaube auch, dass man unterschiedliche Talente für die Entwicklung von Innovation und für das Erkennen der zukünftigen Bedürfnisse braucht – sogenannte ‚Market Opportunities’ – für diese Innovationen“. Fleischmann erläuterte weiters im Rahmen des IFWK-Forums, dass Innovation immer etwas Neues bringe. Veränderungen bringe Aufwand und Kosten mit sich und berge eine gewisse Unsicherheit. „Das sind häufig Gründe für Veränderungsresistenz und damit für eine reservierte Haltung vieler Organisationen gegenüber Innovation in der Anwendung“.
Der Mensch zählt
Es sind vor allem die einzelnen Menschen, die eine Innovation ausmachen, bekräftigte der Präsident des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation, Rudolf J. Melzer. Regionen wie Silicon Valley oder auch Baden-Württemberg beweisen, dass es immer auch eines gewissen Spirits bedarf, um Ideen als Innovation zum Fliegen zu bringen. In diesem Sinne und trotz Euro- bzw. Finanzkrise appellierte er an das Selbstbewusstsein der „großen Töchter und Söhne Österreichs“, an die Innovationskraft der österreichischen Realwirtschaft zu glauben.