• Internationales Forum für Wirtschaftskommunikation diskutierte unkonventionelle Wege aus der Krise

  • Schweizer Banken-Hilfspaket besser als das österreichische Modell

  • Hoffnungsschimmer für Franken-Kreditnehmer

Würde die Schweiz nicht in deutsche, sondern beispielsweise in griechische, portugiesische oder italienische Staatsanleihen investieren, könnte Europa die jüngste Krise rascher bewältigen. Mit dieser These ließ der Leiter der Abteilung für Integrationsangelegenheiten und Internationale Finanzorganisationen der Oesterreichischen Nationalbank, Franz Nauschnigg, bei einer Veranstaltung des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation (IFWK) in Wien aufhorchen. Nicht der Schweizer Franken sei „so stark“, sondern Dollar und Euro seien „so schwach“, provozierte Michaela Stöckli, General Manager von SWISSRAIL, bei der Veranstaltung zum Thema „Das Modell Schweiz – Fluch oder Segen?“. Sie sieht den Segen unter anderem darin, dass die Schweiz aus derartigen Krisen immer gestärkt hervorgegangen ist: „Wir müssen auch jetzt wieder durch dieses Tal der Tränen und uns danach neu erfinden.“

Das Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation versteht sich als unabhängige Dialog- und Wissensplattform für Querdenker und Opinionleader aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medien. IFWK-Präsident Rudolf J. Melzer freute sich daher besonders, repräsentative Vertreter aus diesen drei Bereichen begrüßen zu dürfen: Unter der Moderation der langjährigen ORF-Wirtschaftsredakteurin und Trainerin Eva Pfisterer diskutierten der Wirtschaftswissenschafter und profunde Kenner der österreichischen Wirtschaft Dr. Leopold Bednar, Josef Urschitz, Wirtschaftsredakteur der „Presse“, der Gesandte der Schweizerischen Botschaft in Wien, Alexander Hoffet, der Wirtschaftsprüfer Richard Kohlhauser sowie die Geschäftsführer der Firmen AMR, Gerhard Biebl, und der AGRE Kompressoren GmbH, Michael Khang.

Die Diskutanten kamen zum Schluss, dass die Schweiz und Österreich die jüngste Krise im internationalen Vergleich bis dato relativ gut bewältigt hätten. Wie am Beispiel der Banken-Hilfspakete zu sehen ist, hat die Schweizer Politik in vielerlei Hinsicht aber das bessere Händchen bzw. das bessere wirtschaftliche Verständnis: Während der Staat Österreich deutliche Verluste durch die Bankenhilfe hinnehmen muss und die Steuerzahler dadurch zusätzlich belastet werden, freut man sich bei den Eidgenossen bereits über Gewinnausschüttungen aus dem Banken-Hilfsprogramm für das Staatsbudget.

Schweizer Bahn belastet das Staatsbudget deutlich weniger

Ähnliches gilt für den öffentlichen Verkehr: die Schweiz bekennt sich zu einer Quersubventionierung der Bahn durch den Individual- und Schwerverkehr. Die Mineralölsteuer wird ebenso zweckgebunden für den Ausbau der Bahn verwendet wie z.B. die Mauteinnahmen. Der Ausbau der Bahn belastet somit die Schweizer Steuerzahler deutlich weniger als die österreichischen.

Kritik an Ratingagenturen und Banken

Der Wirtschaftswissenschafter und Unternehmensberater Dr. Leopold Bednar warnt aktuell vor einer Liquiditätskrise: „Die Banken horten derzeit wieder verstärkt das Geld, anstelle es in die Wirtschaft zu pumpen. Liquidität wandert wieder zur EZB, das Interbankengeschäft geht zurück: ein Signal, das Unternehmen aus der letzten Bankenkrise noch deutlich vor Augen haben. Das ist mit ein Grund, warum Unternehmensplanungen neben Währungsschwankungen sowie bevorstehenden Nachfragerückgängen in Europa und Handelsbarrieren zwischen der EU und Partnern wie den USA, China, Russland etc. immer unsicherer werden.“

Zum aktuellen Downgrading Italiens durch eine US-Ratingagentur kam das IFWK-Forum zum Schluss, dass dieser offensichtliche Kampf amerikanischer gegen europäische Interessen rasch beendet und den Agenturen verboten werden sollte, Nationalstaaten zu „raten“.

Hoffnung, nicht nur für „Häuselbauer“

Einen leichten Hoffnungsschimmer sehen die Experten des Internationalen Forums für Wirtschaftkommunikation für all jene, nicht nur „Häuselbauer“, die Frankenkredite aufgenommen haben: Sie sitzen in einem Boot mit der Schweizerischen Nationalbank, die ebenfalls kein Interesse an einer weiteren Stärkung des Schweizer Frankens hat: Von 1970 bis 2007 habe es weltweit 208 Währungskrisen, 124 Bankenkrisen und 63 Staatsschuldenkrisen gegeben. Es besteht also Grund zur Hoffnung, dass sich auch die derzeitige schwierige Situation bald wieder entspannt.