Deutscher Kriminalpsychologe erläuterte vor dem Internationalen Forum für Wirtschaftskommunikation in Wien das Wechselspiel von Berichterstattung und Radikalisierung sowie Präventionsmöglichkeiten

Die Deutsche Telekom macht es, die Lufthansa auch: frühzeitige Krisenintervention und Gewaltprävention in einem Netzwerk sozialer, psychologischer und polizeilicher Einrichtungen. Vor dem traurigen Hintergrund der Attentate von Paris und Kopenhagen lud das Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (IFWK) den deutschen Kriminalpsychologen Jens Hoffmann zu einem Vortragsabend nach Wien ein. „Wie auch in der Suizidprävention schon eindeutig bewiesen, könnten die Medien mit einer freiwilligen Selbstbeschränkung in der Berichterstattung einen wichtigen Beitrag zur Prävention von terroristischen Akten leisten, denn es handelt sich bei den Tätern meist um narzisstische Persönlichkeiten, die auf ihre ‚15 Minuten Ruhm’ aus sind.“ Daraus zieht Hoffmann in Form eines Appells an die Medien die Folgerung: „Gebt den Attentätern in den Medien keinen Namen und kein Gesicht, denn das ist eine Einladung für Nachahmungstäter. Schweigen kann in diesen Fällen Leben retten.“ Er verwies auf ein Beispiel aus Wien: „Seit vor rund 30 Jahren die Wiener Medien über eine freiwillige Selbstbeschränkung nicht mehr über Selbstmorde in der U-Bahn berichten, ist die Suizidrate um zwei Drittel gesunken.“

Vor dem traurigen Hintergrund der Attentate von Paris und Kopenhagen lud das Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (IFWK) den deutschen Kriminalpsychologen und Geschäftsführer des „Team Psychologie & Sicherheit“, Jens Hoffmann, zu einem Vortragsabend in die Räumlichkeiten der Austria Presseagentur (APA) in Wien ein. Mit klassischer Polizei- und Geheimdienstarbeit seien Fälle wie diese nicht zu verhindern, unterstrich der Experte. Denn die Attentäter ‎gehörten keiner straff organisierten Terrororganisation an, sondern seien Einzeltäter, die sich über von Terrororganisationen betriebene Webseiten mehr oder minder selbst radikalisiert hätten. Ein Umstand, der in den deutschen Sicherheitsbehörden, mit denen Hoffmann eng zusammenarbeitet, mit Sorge registriert wird. „Al Qaida ist dagegen noch einfach gewesen“, heißt es bei den Sicherheitsexperten, denn deren Kommunikation habe man noch abfangen können. Anders bei dem neuen Täterprofil, das auch durch die jüngsten Anschläge wieder offenbart wurde. Da sei die Prävention viel schwieriger. „Es handelt sich um junge, vom Leben enttäuschte und meist psychisch labile und depressive Männer, die oft auch schon eine lange Vorgeschichte an auffälligem und gewalttätigem Verhalten aufweisen“, so Hoffmann.

„Schweigen kann Leben retten“

Der einzige Weg, Menschen mit einem derartigen Persönlichkeitsprofil von späteren Greueltaten abzuhalten, liege in einer frühzeitigen Krisenintervention und Gewaltprävention in einem Netzwerk sozialer, psychiatrischer und polizeilicher Einrichtungen. Eine Strategie, die in der Privatwirtschaft bereits erfolgreich angewendet wird. So gibt es etwa bei der Deutschen Telekom oder der Lufthansa eigens geschulte Kriseninterventionsteams, die Fälle von Stalking, Mobbing oder Gewalt mittels präventiver Maßnahmen verhindern sollen.

Aber auch Medien könnten mit einer freiwilligen Selbstbeschränkung in der Berichterstattung einen wichtigen Beitrag zur Prävention von terroristischen Akten leisten, denn es handele sich bei den Tätern meist um narzistische Persönlichkeiten, die auf ihre „15 Minuten Ruhm“ aus seien und sich mit ihren Taten in der Öffentlichkeit „unsterblich“ machen wollen. „Gebt den Attentätern in den Medien keinen Namen und kein Gesicht, denn das ist eine Einladung für Nachahmungstäter. Schweigen kann in diesen Fällen Leben retten“, betonte Hoffmann und verwies auf ein Beispiel aus der Suizidprävention aus Wien: „Seit vor rund 30 Jahren die Wiener Medien über eine freiwillige Selbstbeschränkung nicht mehr über Selbstmorde in der U-Bahn berichten, ist die Suizidrate dort um zwei Drittel gesunken. Bei Terrorakten und Amokläufen ist der Nachahmungseffekt genauso mächtig“, so Hoffmann.

Der Gründer und Vorsitzende des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation, Rudolf J. Melzer, verwies darauf, dass es sich in der Wirtschaft nicht nur um Stalking-Themen oder gar terroristische Aktivitäten handelt, sondern durchaus auch Erpressungen unter Geschäftspartnern auf der Tagesordnung stünden. „Hier sind wir als Kommunikationsverantwortliche gefordert, rechtzeitig die richtigen Maßnahmen vorzubereiten, nach außen hin immer ruhig zu bleiben und damit Stärke zu beweisen.“

An der Diskussion, die von IFWK-Vizepräsidentin Bettina Gneisz-Al-Ani geleitet wurde, beteiligten sich unter anderem der langjährige Vorsitzende der Initiative Qualität im Journalismus (IQ), Engelbert Washietl, die Journalistin Eva Pfisterer, der CEO von Capgemini in Österreich, Klaus Schmid, der Kommunikationschef von Henkel Austria und CEE, Michael Sgiarovello, der Geschäftsführer von adesso Austria, Erwin Greiml, sowie Manfred Totzauer, Privat Banking-Chef der Liechtensteinischen Landesbank in Österreich, Angelika Kiesslinger, Director Corporate Communications Bosch Group Austria und Christine Perkonigg von der Donau-Uni Krems.