Internationales Forum für Wirtschaftskommunikation diskutierte Faktoren für die Exporterfolge der österreichischen Industrie

Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist nicht die kostenbestimmte, preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Schlüsselfaktor für den Exporterfolg, sondern die Wissensintensität und Komplexität der Produkte, deren Qualität- und Technologiegrad sowie die Innovationskraft und institutionelle Faktoren wie z.B. Ausbildung- oder Innovationssystem der Wirtschaft: Wie die stellvertretende Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstitutes (wifo), Yvonne Wolfmayr, bei einer Diskussionsveranstaltung des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation (IFWK) in Wien betonte, bilden sie die Rahmenbedingungen zur Steigerung der Produktivität von Unternehmen, die eng mit deren Exportaktivitäten verknüpft ist. „Nur die produktivsten Unternehmen exportieren und können im intensiveren internationalen Wettbewerb bestehen, nur die produktivsten Unternehmen exportieren in mehrere auch schwierigere, weiter entfernte Märkte.“

Der Gründer des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation, Rudolf J. Melzer, forderte die Politik auf, für die entsprechenden Rahmenbedingungen vor allem im Bereich der Bildung zu schaffen und langfristig zu sorgen. „Beispiele wie Griechenland, Portugal oder Irland zeigen, dass nur die industrielle Wertschöpfung eine Volkswirtschaft langfristig sichern kann.

„Das ständige, systematische Verbessern von Effizienz, Qualität und Durchlaufzeiten mit starker Einbindung der Mitarbeiter ist ein Erfolgsfaktor, an dem viele Unternehmen schon intensiv arbeiten“, erklärte Christian Edler, Vorstand bei Step-Up | Six Sigma Austria, der Unternehmensplattform zur Steigerung von Effektivität & Produktivität. „Dieser Faktor ist  neben attraktiven Produkten entscheidend im internationalen Wettbewerb und aus unserer Sicht ein zunehmend wichtiger Treiber des heimischen Exports.“

Bei der vom langjährigen Wirtschaftsjournalisten Peter Muzik in den Räumen der Österreichischen Volksbanken AG moderierten Podiumsdiskussion hielt Fraunhofer Austria Geschäftsbereichsleiter Jürgen Minichmayr aus der Sicht der wissenschaftlichen Forschung fest, dass sich der Gradient der Erfolge durch die Anwendung von Lean-Methoden laufend verringere und Produktivitätsfortschritte immer schwieriger würden. „Daher werden sowohl die Anwendungsgebiete erweitert, als auch die Methoden wie z.B. Wertstromdesign von Fraunhofer Austria ständig weiterentwickelt.“

Einen deutlichen Fokus auf diese „Lean Production“, aber auch Lean Management und Lean Administration legt in der Praxis z.B. die weltweit sehr erfolgreiche Palfinger AG: Produktionsvorstand Martin Zehnder betonte, dass es sehr wichtig sei, für jeden Markt ein spezifisches Geschäftsmodell zu erstellen: „Das Geschäftsmodell des Kranes in Russland ist in wesentlichen Bereichen stark unterschiedlich vom Geschäftsmodell Kran in Deutschland. Daher setzen wir darauf, in der Region für die Region zu produzieren.“

Bei Boehringer Ingelheim laufen pro Jahr rund zehn Projekte zum Thema „Lean Six Sigma“:

Wie Hubert Weiser, Leiter der weltweiten „Business Process Excellence“ beim deutschen Pharmakonzern, hervorhob, hat Boehringer bereits im Jahr 2002 mit Six Sigma begonnen, um noch effizienter und effektiver zu werden, was nicht nur die Kunden, sondern auch diverse Behörden positiv bemerkten.

Vor zu euphorischer Goldgräberstimmung in China warnte der stv. Leiter der Außenwirtschaftsorganisation der WKO, Karl Hartleb: „Die Chancen, aber auch Risiken würden oftmals falsch eingeschätzt. Viele Unternehmen lassen bereits wieder lieber in Ländern Osteuropas wie etwa Ukraine oder Russland produzieren. In den USA kommt es im Zuge der Reindustrialisierung zu einer langfristigen positiven demographischen Entwicklung, mittelfristig wird der Markt USA an Bedeutung gewinnen.“

Die Größe alleine ist nicht ausschlaggebend

Als ein wesentlicher Punkt für den Exporterfolg gilt zweifellos die Qualität heimischer Produkte. Diese ist bei Endabnehmern aber längst nicht mehr alleiniges Entscheidungskriterium. Auch die permanente Weiterentwicklung, die Erhöhung der Produktivität und des Umweltschutzes – etwa bei der Optimierung energieeffizienter, exportierter Produkte – wird heute von Kunden gefordert. Wie Rudolf J. Melzer, Geschäftsführer der international tätigen Melzer PR Group und Initiator des IFWK, ausführte, sind es aber nicht nur die großen heimischen Konzerne wie Andritz oder voestalpine, die international sehr aktiv sind. Auch zahlreiche mittelständische Betriebe befinden sich in vielen Segmenten unter den Top drei beziehungsweise sind Marktführer in ihrer Branche.

Gute Kommunikation kompensiert viel

Und das, obwohl einschlägige Studien belegen, dass das weltweite Image Österreichs als Wirtschaftsnation nicht gerade berauschend, wenn nicht sogar eher schlecht sei: „Neben Innovation und effizienter Produktion spielt auch die typisch österreichische Art der Kommunikation zum Aufbau erfolgreicher und nachhaltiger Kundenbeziehungen im Ausland eine entscheidende Rolle“, unterstreicht Melzer. „Je offener ich mit meinem Kunden kommuniziere, desto lieber wird er mit mir zusammenarbeiten. Je besser die Öffentlich19keitsarbeit eines Industriebetriebes vor Ort, desto eher werden Kunden wieder bei diesem Unternehmen bestellen. Professionelle Wirtschaftskommunikation hilft einfach dabei, Brücken zu schlagen und dauerhafte Geschäftsbeziehungen aufzubauen.“ 

Stimmen aus der Industrie

Im Vorfeld der Diskussionsveranstaltung holte das IFWK weitere Stimmen aus der Industrie zum Thema ein. Demnach setzt die voestalpine „nicht auf Masse und Menge, sondern differenziert sich gegenüber den Mitbewerbern durch Anspruch auf Qualitäts- und Technologieführerschaft sowie die einzigartige Kombination von Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Wir entwickeln und bieten Komplettlösungen an, die in qualitativer und technologischer Hinsicht nicht so leicht austauschbar sind“, betont zum Beispiel voestalpine-Generaldirektor Wolfgang Eder.

Und Armin Rau, Geschäftsführer TRUMPF Maschinen Austria GmbH + Co. KG, fasst zusammen: „Das Preis-/Leistungsverhältnis muss stimmen – dies erreicht man in Europa nur, wenn man hocheffizient ist.“