Akademie der Wissenschaften analysierte – IFWK, IQ und APA Campus luden zur Diskussion

Ein positives Zeugnis stellt die Akademie der Wissenschaften dem österreichischen Wirtschaftsjournalismus aus: Laut einer aktuellen Studie sei der Anteil der Wirtschaftsbeiträge höher als erwartet, die Quellentransparenz gut, Defizite gebe es bei der Vielfalt der Positionen, erklärte Josef Seethaler vom Institut für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung der Akademie bei einer Enquete zur Qualität im Wirtschaftsjournalismus.

Konkret macht der Anteil der Wirtschaftsbeiträge im Bereich der Presse deutlich über 15 Prozent aus, im Radio sind es immerhin gute 10 Prozent. Von den TV-Beiträgen beschäftigen sich knapp unter 10 Prozent mit dem Thema Wirtschaft, bei Online tun dies eindeutig über 10 Prozent.

Seethaler wies zudem darauf hin, dass Qualität ein vielschichtiger Begriff sei, der vielen Einflussfaktoren unterliege. Ergebnisse der Studie zeigten auf, dass der Anteil der Wirtschaftsberichterstattung in der tagesaktuellen Information in der Presse am höchsten und im Fernsehen am niedrigsten ist. Die Urheber- und Quellentransparenz sei bei Presse und TV sehr gut, bei Online hingegen schwach ausgeprägt. Bei der Vielfalt der Positionen schneide die Wirtschaftsberichterstattung weniger gut ab. Die Zahl der zitierten Akteure liege pro Beitrag im Schnitt nur etwas über einem Akteur, was Seethaler nicht nachvollziehen kann: „Es ist nicht verständlich, warum so wenig Akteure zu Wort kommen.“

Der Gründer des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation (IFWK), Rudolf J. Melzer, ortete eine deutliche Verbesserung des Wirtschaftsjournalismus in Qualitätsmedien während der letzten zehn Jahre. Problematisch sei aber, dass viele von qualifizierten Journalisten aufgedeckte Missstände wie etwa bei e-Finanz, Skylink oder Ski WM Schladming, relativ wenig an juristischen Konsequenzen nach sich zögen: „Qualitätsmedien müssen sich stärker als vierte Macht im Staat positionieren. Man darf diese Macht nicht dem Boulevard überlassen.“

Der Leiter des neu geschaffenen APA-Campus-Wirtschaftslehrgangs, Reinhard Christl, kritisierte das mangelnde Interesse an Wirtschaft bei jungen Leuten: „Es ist schwer,

Talentierte zum Wirtschaftsjournalismus zu motivieren. Wirtschaft ist bei Studienanfängern extrem unpopulär und wird bei Ressortwünschen am seltensten genannt.“

Julia Wippersberg, Universitätslehrerin sowie Vize-Studienpräses an der Universität Wien und APA-Corporate Science & Research, meinte, es sei ihr zu pauschal, zu sagen: Die Leute interessieren sich nicht für DIE Wirtschaft. Folgende Bereiche müssen voneinander getrennt betrachtet werden: „Tatsächliches Interesse, die Nutzung von Angeboten und schließlich das Wissen, das daraus resultiert.“

Matthias Karmasin, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Klagenfurt und Direktor des Instituts für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung der österr. Akademie der Wissenschaften, wies auf die Notwendigkeit hin, dass der Wirtschaftsjournalismus die breite Debatte abbilden muss. Die Definition von Qualität ist seiner Ansicht nach subjektiv: „Die Frage, was Qualität ist, ist immer interessensgeleitet.“

Eine Lanze für den österreichischen Wirtschaftsjournalismus brach hingegen Hans-Peter Siebenhaar, der seit zwei Jahren als Österreich-Korrespondent des „Handelsblatt“ tätig ist: „Ich war erstaunt über die gute Qualität und die Tiefe der Berichterstattung hier in Österreich, und auch wie investigativ und mit welchen scharfen Kommentaren gearbeitet wurde. Man legt hier die Finger in die Wunden.“

Auch Corporate Advisor Bettina Gneisz-Al-Ani befand, dass der heimische Wirtschaftsjournalismus besser sei als sein Ruf und auch Manager und Wirtschaftsunternehmen Interesse an gutem Wirtschaftsjournalismus hätten: „Je besser ausgebildet der Wirtschaftsjournalist, desto besser sind auch die Geschichten.“