Kommunikationsexperten Michaela Ernst und Gerald Reischl stellten ihre neuen Bücher vor und diskutierten über Cybercrime, Überwachung im Alltag und Fake-News-Superspreader

Vorweihnachtszeit ist Hackerzeit: Der Onlinehandel floriert 2020 mehr denn je und Cyberkriminelle haben vor allem mit jenen Menschen ein leichtes Spiel, die heuer erstmals online shoppen: Das Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (www.ifwk.net) warnte in seiner Jahres-Abschlussveranstaltung vor Leichtgläubigkeit im Netz und lud zwei langjährige Journalisten und Kommunikationsexperten zur Doppelconférence: Die Chefredakteurin von Sheconomy, Michaela Ernst, diskutierte mit dem ehemaligen Technik-Journalisten und Kommunikationschef bei AT&S, Gerald Reischl, im Pressezentrum der Austria Presse Agentur über „Hacker und Heroes in Digitalien“.

Ernst und Reischl, beide langjährige Redakteure bei verschiedensten Medien, haben sich intensiv mit dem Thema „Überwachung“ auseinandergesetzt und in ihren aktuellen Büchern „Error 404“ und „Internet of Crimes“ die Auswirkungen der digitalen Transformation auf unsere Gesellschaft beleuchtet. „Siri und Alexa sind mittlerweile unsere ständigen Begleiter. Dessen muss man sich bewusst sein. Alle unsere Schritte sind leider immer nachvollziehbar“, betonte Michaela Ernst eingangs bei der Diskussion des IFWK. „Und natürlich macht diese ‚Überwachung‘ auch vor dem Arbeitsplatz nicht Halt.“

Arbeiten ist sportlicher geworden

Michaela Ernst, die eine wissenschaftliche Studie auf Basis von rund 170 Einzelinterviews zum Thema „Überwachung am Arbeitsplatz“ erstellt hat, erläuterte, dass durch die Digitalisierung in den Firmen jeder stärker messbar geworden ist: „Durch die Nachvollziehbarkeit jedes Arbeitsschrittes kann die Effizienz jedes Mitarbeiters viel besser gemessen werden als noch vor 10 Jahren. Arbeiten ist somit sportlicher geworden.“ Doch geht es den Unternehmen tatsächlich nur darum, Menschen zu Maschinen zu erziehen? „Nein“, sagte Ernst. „Die Kaffeepause ist nicht totzukriegen. Man hat mittlerweile schon herausgefunden, dass Menschen nur dann wirklich effizient arbeiten können, wenn die Stimmung am Arbeitsplatz stimmt und sie in einer guten und motivierenden Umgebung tätig sind.“

Die Demokratisierung von Falschmeldungen

Beide Diskutanten betrachteten die Entwicklung der Sozialen Medien kritisch. „Spätestens seit Trump wissen wir, wie schnell sich heute Propaganda verbreiten lässt“, sagte Gerald Reischl. „Trump ist der Fake-News-Superspreader und hat mit seinen Tweets die Wahrheit in Frage gestellt. Das Problem daran ist, dass viele Menschen heute Social-Media-Postings nicht hinterfragen. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Die Digitalisierung hat zur Demokratisierung der Falschmeldungen geführt. Wir leben in einer Welt, in der oft Klicks mehr zählen als Qualität.“ Dem stimmte auch Ernst zu: „Das Problem ist, dass in den sozialen Medien – besonders auf Twitter – die Distanz zwischen Politikern und Journalisten abhandengekommen ist. Du siehst genau, wer mit wem sympathisiert und Diskussionen werden starkt verkürzt geführt.“

Homeoffice und Vorweihnachtszeit – ein Paradies für Hacker

Corona hat die digitale Transformation extrem beschleunigt und ein wahres Schlaraffenland für Cyberkriminelle geöffnet. Reischl: „Ein Hacker kommt dann rein, wenn Menschen Fehler machen. Das trifft momentan viele Firmen, die in einer Hauruckaktion im Frühjahr auf Homeoffice umstellen mussten. Keiner hat sich damals groß Gedanken um Themen wie ‚Passwortsicherheit‘ und sichere Conferencingtools gemacht. Das war natürlich ein gefundenes Fressen für Hacker.“

IFWK-Präsident Rudolf J. Melzer betonte die Gefahr von unbedachtem Onlineshopping in der Weihnachtszeit: „Der Lockdown hat viele Menschen gezwungen, ihre Einkäufe online zu tätigen. Besonders jene, die zuvor nur ‚analog‘ eingekauft haben, sind perfekte Opfer für Betrug im Weihnachtsgeschäft.“ Gerald Reischl dazu: „Das stimmt leider. Aktuell ist es ein gängiges Vorgehen der Hacker, sich per E-Mail als Paketzusteller auszugeben: Viele Leute haben schon den Überblick verloren, was sie alles bestellt haben. Der Hacker schickt also einfach ein E-Mail, dass ein Paket nicht zugestellt werden konnte und bittet um die Bekanntgabe persönlicher Daten via Formular. Die E-Mails sind mittlerweile so täuschend echt, dass man besonders vorsichtig sein muss. Lieber einmal zu viel telefonisch beim Paketservice nachfragen.“

Hochkarätige (Online-)Diskussion

Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Austria Presse Agentur, Clemes Pig, der selbst sehr IT-affin ist, bestätigte in seiner Grußbotschaft die Bedeutung des Themas und freute sich gemeinsam mit IFWK-Gründer Rudolf J. Melzer über hochkarätige Gäste aus Wirtschaft und Medienbranche, die sowohl online als auch physisch der Diskussion im APA Pressezentrum folgten: Mit dabei waren unter anderem Nora Lawender, CEO bei NTT Ltd. in Österreich, die CFO der Austria Presse Agentur, Doris Pokorny, die Kommunikationsleiterin der Brauunion Gabriela Straka, Henkel CEE Kommunikationschef Michael Sgiarovello, der Österreich-Geschäftsführer der Commerzbank, Martin Butollo, Wirtschafts-Anwalt Wilhelm Milchrahm sowie Wirtschaftstreuhänder Richard Kohlhauser.